Day Is Done

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Solothurner Filmtage 2012
Yamagata 2011
Zürich 2011
Warsaw 2011
Buenos Aires 2011

Day Is Done
CH 2011 111'

Regie: Thomas Imbach
Drehbuch: Thomas Imbach, Patrizia Stotz
Kamera: Thomas Imbach
Ton: Peter Bräker
Schnitt: Gion-Reto Killias, Tom La Belle
Musik: Peter Bräker, Lukas Langenegger, Balz Bachmann, George Vaine
Produktion: Andrea Štaka, Okofilm Productions

Thomas Imbach 2011 111'


Ein rauchender Schlot reckt sich in den Himmel. Unten rattern Züge vorbei. In
den Häusern rundherum geht in der Dunkelheit das Licht an und zu später Stunde
wieder aus. Plötzlich bewegt sich das Bild, der Kamin wird stärker ins Zentrum
gerückt. Ein Mann hinter der Kamera sucht ein Bild – bei Tag und bei Nacht, bei
Regen und bei Schnee filmt er aus dem Fenster seines Ateliers. Die Wolken und
die Züge, die Kräne und die Vögel ziehen vorbei. Ab und zu hören wir Menschen
auf seinen Anrufbeantworter sprechen. Sie reden von alltäglichen Dingen, erzählen vom schönen Wetter in den Ferien und hin und wieder gratulieren sie
dem Mann zum Geburtstag. Der Vater stirbt, ein Kind wird geboren, eine junge
Familie bricht auseinander. Langsam wird die Stadtlandschaft zur inneren Landschaft des Mannes hinter der Kamera. Am Ende dominiert ein neu errichteter
Wolkenkratzer aus Beton und Glas die Szenerie und drängt den inzwischen vertraut gewordenen alten Kamin aus dem Blickfeld.
Die mit einer 35mm-Kamera aufgenommenen Landschaftsbilder entstanden zwischen 1995 und 2010; die authentischen Anrufbeantworter-Nachrichten
stammen aus der Zeit zwischen 1988 und 2003. Zusammen ergeben Ton und
Bild das Porträt eines unsichtbaren Mannes hinter der Kamera. Seine Persönlichkeit spiegelt sich in den Stimmen und Botschaften der Anrufer. Einige übermitteln Lob und gratulieren zu einem Erfolg; andere klagen an. Einige weibliche
Stimmen flirten, und eine davon kündet die Beziehung auf.
Nie hebt der Mann den Hörer ab. Er steht hinter der Kamera: cadriert, zoomt,
cadriert wieder neu. Er ist unerreichbar und wird so zum Objekt des Begehrens
und der Feindseligkeit. Seine eigenen Gedanken und Gefühle vermitteln sich
durch den Soundtrack: Wie die Bilder und die Nachrichten auf dem Anrufbeantworter wechseln auch die zwölf Lieder zwischen Glücksgefühl und Trauer, Zorn
und Lachen. When the day is done, the film will remain: das Kaleidoskop eines
Lebens.

Director’s statement:

Für die Dreharbeiten von Ghetto Mitte der neunziger Jahre revidierte ich eine
gebrauchte 35mm-Kamera, um unabhängig Landschaftsaufnahmen drehen zu
können. Wie bereits in Well Done (1994) ging es mir darum, die je spezifischen
Möglichkeiten von Spiel- und Dokumentarfilm, Film und Video sowie traditionellem Kinohandwerk und neuen Technologien auszuloten. Parallel zu den Dreharbeiten habe ich damit begonnen, mit dieser 35mm-Kamera aus dem Fenster
meines Ateliers zu filmen. Am Anfang handelte es sich um eine schiere Notwendigkeit, den phänomenalen Ausblick und die darin vorkommenden Wetterstimmungen auf Zelluloid zu bannen. Es ist ein 24-Stunden-Kino, das meinen Blick
nun seit über 20 Jahren schweifen lässt und schärft. Es gab Phasen, in denen
ich das Geschehen vor dem Fenster nicht weiter beachtet habe und vertieft in
meine Arbeit war. Es gab jedoch immer wieder Zeiten, wo ich mich vom Sog
dieser Aussicht verschlingen ließ und mit der Kamera regelrecht in das Gemälde eintauchte.
Gleichzeitig habe ich während all den Jahren die Nachrichten meines Anrufbeantworters gesammelt. Zuerst aus Faszination am damals neuen Medium,
später weil ich spürte, dass viele der Nachrichten ein besonderes Zeugnis ablegen. Heute zeugen diese Bänder auch von einer im Zeitalter des Funktelefons
verloren gegangenen Qualität, Geschichten aufzuzeichnen: Die Bänder geben
wichtige Stationen in meinem Leben wieder. So etwa die Geburt meines Sohnes oder die tödliche Krankheit meines Vaters. Sie zeichnen das Bild eines Paares,
das gerade zu dem Zeitpunkt scheitert, als das Kind auf der Welt ist. Die darin
vorkommenden Geschichten wie Tod, Geburt, Trennung und Neuanfang sind
existentielle Lebensthemen, die – verwoben mit dem alltäglichen Gerede – für
den Zuschauer zu einer Geschichte werden, die auch seine eigene sein könnte.
Nach einer jahrelangen Inkubationszeit zeichnete sich eine filmische Dramaturgie ab: Aus dem biographischen Material entstand eine Figur – ich nenne
sie T.–, die es mir erlaubte, das Material dramatisch so zu verdichten und zu fiktionalisieren, dass daraus eine „Seelenlandschaft“ von allgemeingültigem Charakter entstand.
Thomas Imbach, Januar 2011



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